Über vierzig Prozent des Schweizer Waldes befindet sich im Eigentum von Bürgergemeinden und Korporationen. Denn fast alle Bürgergemeinden oder Korporationen besitzen seit je her eigenen Wald als kollektives Eigentum. Dementsprechend wichtig sind waldpolitische Themen für den SVBK.
Vom Nutzwald zum Naherholungsgebiet
Stand früher vor allem die Holznutzung oder der im Gebirge auch der Schutzwald im Vordergrund, haben sich die Ansprüche an den Wald stark verändert. Als Waldeigentümmerinnen sind die koperativen Körperschaften heute gefordert, alle verschiedenen Funktionen des Waldes als Wirtschaftswald, Schutzwald, Naherholungsgebiet sowie als Natur- und Lebensraum unter einen Hut zu bringen. Die Forst- und Holzwirtschaft steht zudem vor grossen Herausforderungen. Etliche Bürgergemeinden und Korporationen haben sich daher in den vergangenen Jahren zu Forstbetrieben zusammengeschlossen.
Bürgergemeinden und Korporationen betreiben seit Jahrhunderten erfolgreich Landwirtschaft. Teilweise werden die Güter, insbesondere im Alpgebiet, noch heute kollektiv bewirtschaftet. Vielerorts sind die einstigen Allmenden heute aber an Landwirtinnen und Landwirte verpachtet, die Gebäude der Bewirtschaftenden befinden sich oftmals im Baurecht. Etliche Bürgergemeinden und Korporationen betreiben zudem erfolgreich Wein- und Obstanbau.
SVBK unterstützt Körperschaften
Nach wie vor hat die Land- und Alpwirtschaft für die Bürgergemeinden und Korporationen einen wichtigen Stellenwert - gehören doch grosse Alpgebiete und unzählige Landwirtschaftsflächen den kollektiven Körperschaften und somit der Allgemeinheit. Der SVBK unterstützt seine Mitglieder daher aktiv bei diversen Fragestellungen.
In den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Graubünden, Solothurn, Zug sind die Bürgergemeinden für die ordentlichen Einbürgerungen ausländischer Staatsangehöriger zuständig. Ebenfalls in der Obwaldner Exklave Engelberg ist eine Bürgergemeinde für die Einbürgerungsverfahren verantwortlich.
Separate Bürger- oder Burgerrechte
In den meisten übrigen Kantonen ist das Burgerrecht bei einer Bürgergemeinde nicht identisch mit jenem der Einwohnergemeinden. Zudem ist bei einer Korporation jemand in der Regel nicht Bürgerin oder Bürger, sondern Mitglied. Auch dazu gibt es je nach Organisation separate Aufnahmeverfahren.
Proaktive Einbürgerungspolitik
Die Bürgergemeinden sind seit jeher eng mit dem Bürgerrecht verbunden. Wer Bürger oder Bürgerin war, durfte früher die die kollektiven Allmenden (Weiden, Wälder, Gärten oder Alpen) nutzen. Auch waren die Bürgergemeinden früher oftmals für das Armenwesen zuständig, das sie über ihre Güter finanzieren mussten. Entsprechend wollten die meisten Bürgergemeinden lange Zeit aufgrund der limitierten Boden- und Finanzressourcen den Kreis von Bürgerinnen und Bürgern möglichst klein behalten. Doch das gehört längst der Vergangenheit an. Heute betreiben viele Bürgergemeinden und Korporationen eine proaktive Einbürgerungspolitik. Denn eine Körperschaft lebt letztlich von ihren engagierten und interessierten Angehörigen.
Bürgergemeinden und Korporationen besitzen seit je her Grund und Boden. Die so genannten Allmenden werden aber heute nicht mehr nur zwingend landwirtschaftlich genutzt, sondern wurden zu Bauland.
Baurechte statt Grundstückverkäufe
Bürgergemeinden und Korporationen verkaufen in der Regel keine Liegenschaften. Die Grundstücke werden stattdessen für eine bestimmte Zeit im Baurecht zur Verfügung gestellt, davon profitieren unter anderem etliche Wohnbaugenossenschaften in der ganzen Schweiz. So bleibt das kollektive Grundeigentum auch für kommende Generationen erhalten und Bodenspekulationen werden verhindert. Darüber hinaus finanzieren sich die Bürgergemeinden und Korporationen, die meist keine Steuereinnahmen haben, auch über Einkünften aus Baurechten. Teilweise können Bürgergemeinden und Korporationen über die Einkünfte aus Baurechten indirekt auch die defizitäre Forstrechnungen ausgleichen.
Das Wohl der Allgemeinheit steht im Fokus
Zum Teil besitzen oder bauen Bürgergemeinden und Korporationen auch eigene Immobilien. Dabei steht aber oftmals nicht unbedingt der Profit im Fokus, sondern das Wohl der Allgemeinheit. Daher unterhalten die Körperschaften teilweise auch unrentablere oder historische Liegenschaften. Der SVBK berät und unterstützt seine Mitglieder bei Fragen rund um Immobilien, Boden und Baurechte.
Das Armen- respektive das Sozialwesen gehörte früher überall zu den Kernaufgaben der Bürgergemeinden. Sie hatten mit den Erträgen aus den Wäldern und landwirtschaftlichen Gütern für die bedürftigen Bürgerinnen und Bürger aufkommen müssen. An den meisten Orten ist das Sozialwesen heute Aufgaben der Einwohnergemeinden. In Bern beispielsweise leisten die Burgergemeinden aber noch heute Beiträge an das Sozialwesen. Fünf grössere Burgergemeinden sowie die Zünfte und Gesellschaften der Stadt Bern betreiben zudem eine burgerliche Kesb sowie eigene Sozialdienste.
Alters- und Pflegezentren mit langer Geschichte
Etliche Bürgergemeinden in der ganzen Schweiz betreiben auch noch heute eigene Pflege- und Alterszentren oder sind daran beteiligt. Sie sind oftmals aus den früheren Burgerspitteln respektive Armen- oder Siechenhäusern hervorgegangen.
Schrebergärten sind fest in der Identität der Schweiz verankert. Doch wussten Sie, dass diese oftmals einer Bürgergemeinde oder einer Korporation gehören? Ursprünglich dienten die Allmendgärten der Selbstversorgung, oft hatte jeder Bürger oder jede Bürgerin Anrecht auf einen Garten. Heute sind die Kleingärten aber mehr Hobby. Und längst nicht nur Ortsbürgerinnen und Ortsbürger verbringen ihre Freizeit in den Allmendgärten.
Die Wälder der Korporationen und Bürgergemeinden liefern seit je her wertvolle Energie in Form von Brennholz. In den letzten Jahrzehnten haben verschiedene Körperschaften eigene Holzschnitzelheizungen mit Fernwärmenetze in Betrieb genommen oder sich an solchen beteiligt. So erhält das Holz aus dem eigenen Wald einen ganz neuen Wert.
Wasser- und Sonnenenergie
Da Korporationen teilweise auch an Gewässern beteiligt sind, spielt in einigen Kantonen bei den Korporationen auch die Wasserenergie eine grosse Rolle. Im Zuge der Energiewende produzieren aber immer mehr Bürgergemeinden oder Korporationen eigene Energie für ihre Immobilien, sei es mit Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen. Zudem haben einige Körperschaften auch Baurechte für Energieanlagen vergeben.
In verschiedenen Regionen der Schweiz haben Bürgergemeinden und Korporationen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Tourismus geleistet. Bürgergemeinden stellten beispielsweise Boden (im Alpgebiet) für Skianlagen zur Verfügung oder beteiligten sich wesentlich an Sportbahnen. Zudem leisten verschiedene Körperschaft auch kleinere Engagements zugunsten des Tourismus, in dem sie Wander- und Bikewege unterhalten, Sitzbänke finanzieren oder Hütten vermieten. Gerade den Effort der Korporationen und Bürgergemeinden für den Unterhalt von Wander- und Bikewege ist enorm.
Körperschaften schaffen Begegnungsräume
In den vergangenen Jahren übernahmen Bürgergemeinden und Korporationen vermehrt auch Restaurants und schaffen so in den Dörfern und Regionen wichtige Begegnungsräume. Auch hier steht der Profit in der Regel nicht an erster Stelle, denn mit Gastronomie lassen sich kaum grosse Gewinne erzielen. Im Zentrum steht das Engagement für die Allgemeinheit.
Zu den typischen kulturellen Tätigkeitsbereichen von Korporationen und Bürgergemeinden gehört die Unterstützung von Museen, Bibliotheken oder Archiven. Verschiedene Kulturbetriebe oder Stiftungen sind direkt bei Bürgergemeinden oder Korporationen angegliedert, andere profitieren von finanzieller Unterstützung.
Allgemeinheit steht stets im Fokus
Bürgergemeinden und Korporationen leisten wesentliche Beiträge für die Förderung kultureller, wissenschaftlicher oder gemeinnütziger Projekte, Veranstaltungen respektive Institutionen. Dabei steht stets die Allgemeinheit im Zentrum
Sand, Kies und Steine gehören zu den wenigen Rohstoffen, über welche die Schweiz in grösseren Mengen verfügt. Für die hiesige Bauwirtschaft sind sie von enormer Bedeutung. Teilweise gehören auch Kiesgruben oder Steinbrüche zum Grundeigentum der Korporationen und Bürgergemeinden. Dazu vergeben die Körperschaften einerseits Konzessionen, andererseits betreiben sie diese selber oder sind an entsprechenden Betreiberfirmen beteiligt. Ebenso wichtig ist für viele Korporationen und Bürgergemeinden die Zurverfügungstellung von Boden für Deponien aller Art.
Im alpinen Raum fällt teilweise auch die Hoheit über das Strahlerwesen, das Suchen nach Kristallen und Mineralien, in den Aufgabenbereich von Korporationen.
In verschiedenen Kantonen gehören auch Gewässer und Quellen zum Eigentum von Korporationen und Bürgergemeinden. Ursprünglich fiel vielerorts nämlich der Bachunterhalt in den Aufgabenbereich der Körperschaften. Diese waren dafür verantwortlich mit Holz aus dem eigenen Wald den Hochwasserschutz sicherzustellen. Heute sind folglich etliche Bürgergemeinden oder Korporationen in den Gemeinden für die Trinkwasserversorgung zuständig. Darüber hinaus spielt in vielen Regionen auch die Wasserenergie eine wichtige Rolle, sei es durch Konzessionsvergaben oder Beteiligungen an Kraftwerken.
Eigene Fischzuchtanlagen betreiben
In verschiedenen Regionen der Schweiz sind die Korporationen und Bürgergemeinden darüberhinaus im Besitz der Fischenzen, sprich des Rechts am Fischfang. Sie vergeben folglich nicht nur Fischereipatente, sondern betreiben teilweise gar eigene Fischzuchtanlagen.